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14/09/2021

Immobilien nach Corona: Der Pulverdampf hat sich gelegt

Die Corona-Pandemie schien vor dem Hintergrund der Möglichkeiten der Digitalisierung auf den ersten Blick eine deutliche Belastung für den Immobiliensektor zu werden: Besonders die Etablierung des Homeoffice hat die Nachfragestruktur zunächst durcheinandergebracht: Das Hinterland erwachte zu neuem Leben, während zentrale Lagen an Bedeutung zu verlieren schienen. Die deutliche Zunahme der Liquidität infolge der Pandemiepolitik der Zentralbanken wie der SNB wirkte dem jedoch frühzeitig entgegen. Eine weitere Folge der tiefen Zinsen liegt darin, dass die Ertragskraft von Immobilien auf dem Kapitalmarkt nahezu konkurrenzlos ist. Das Phänomen Homeoffice wird zudem bei realistischer Betrachtung ein Nebeneffekt ohne grössere Bedeutung für den Immobilienmarkt bleiben.

Philippe Salvi

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Zu Beginn der Pandemie waren grosse Befürchtungen hinsichtlich der Entwicklung des Immobilienmarktes aufgekommen, vor allem in Zusammenhang mit den Auswirkungen auf die wirtschaftliche Gesundheit von Unternehmen, Eigentümern und Mietern. Diese Unsicherheiten waren jedoch nur von kurzer Dauer, da Regierungen und Zentralbanken massive Massnahmen ergriffen haben, um den Grossteil der durch Covid-19 verursachten negativen Auswirkungen rasch zu kompensieren. So blieb die finanzielle Leistungsfähigkeit der meisten Akteure erhalten, was die Risiken von Zahlungsausfällen und Zwangsliquidationen reduzierte. Der Markt profitierte jedoch einmal mehr von der umfangreichen Liquidität, die durch die äusserst expansive Geldpolitik der SNB sowie aller anderen Zentralbanken weltweit zur Verfügung gestellt wurde. Diese geldpolitische Stimulierung drückte die Zinsen noch einmal nach unten und machte den Kauf von Immobilien umso attraktiver. Daher kam es in der Folge nicht zu der erwarteten Preiskorrektur, sondern sogar zu insgesamt leicht steigenden Preisen.

Es wurde viel über die langfristigen Folgen der Zunahme von Homeoffice für die Nachfrage nach Wohnraum und Büroflächen diskutiert. Während es einen Konsens zu geben scheint, dass der Bedarf an Büroflächen wahrscheinlich abnehmen wird, sind die Auswirkungen für den individuellen Wohnraum weniger deutlich. Tatsächlich versiegte die anfängliche «Abwanderungswelle» von der Stadt aufs Land rasch, sobald sich die gesundheitliche Situation entspannte. Sollte sich diese Verlagerung aufs Land jedoch fortsetzen, könnte dies eine gewisse Entlastung für die Städte bedeuten, die mit der weiter steigenden Nachfrage nicht Schritt halten können.

Bei den Büroflächen hat die Umstrukturierung noch nicht stattgefunden, befindet sich aber in Vorbereitung. Die ersten Auswirkungen dürften sich erst in zwei oder drei Jahren zeigen. In der Zwischenzeit werden Mietverträge neu verhandelt. Es wäre jedoch falsch, davon auszugehen, dass alle Immobilien davon gleichermassen betroffen sind. Grössere Flächen scheinen für die Umsetzung von Kostensenkungsmassnahmen am interessantesten zu sein, während kleinere Flächen deutlich weniger geeignet sind. Wir glauben daher, dass die Verbreitung der Arbeit im Homeoffice nur schrittweise Auswirkungen auf die Arbeitsweise der Unternehmen haben wird, aber keine Schockwirkung für den Markt der Büroräumlichkeiten bedeutet.

Sieht man von der Pandemie ab, scheint sich wieder ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einzustellen, wobei sich die Situation je nach Region nach wie vor unterscheidet. Der Rückgang der Zuwanderung, die Tatsache, dass Wohnraum ausserhalb der grossen Zentren stärker nachgefragt wurde und ein leicht reduziertes Angebot haben dazu beigetragen, dass die Mieten insgesamt stabil geblieben sind. Dieser Trend dürfte sich in den kommenden Jahren fortsetzen.

Auf der Anlageseite ist die Nachfrage sowohl nach Einzel- als auch nach Anlageobjekten jedoch weiterhin extrem hoch. Zum einen sind die Finanzierungsbedingungen nach wie vor äusserst attraktiv, zum anderen gibt es kaum Anlagealternativen. Der Kauf eines Eigenheims scheint für diejenigen, die über das nötige Eigenkapital verfügen, eine Selbstverständlichkeit zu sein. Die Nachfrage nach Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen hat in den vergangenen Monaten nochmals zugenommen, während Pensionskassen, Versicherungen, Anlagefonds und Privatpersonen weiterhin auf der Suche nach Renditeimmobilien sind. Der Mangel an Anlagen, die eine positive und regelmässige Rendite abwerfen, treibt die Anleger in Immobilien, manchmal zu fast jedem Preis. Daher sind die Kapitalisierungssätze im vergangenen Jahr erneut gesunken.

 

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